Ein Lob: Riemen für BRAUN CD2
15. Dezember 2022KA-8006 vs. Nakamichi PA7E II
15. Dezember 2022Tonbandmaschine Revox A77 - Dampfmaschine für die Ohren?
Liebes HiFi-Zeile Team,
endlich komme ich dazu, meine begeisterte Danksagung über meine revidierte Revox A77 angemessen zu Papier zu bringen. Vorab, das Gerät fühlt sich an wie neu, Kompliment.
Das Gerät wurde übergeben mit einer Dokumentation der Arbeiten und einem gewichtigen Beutel der ausgetauschten Teile, Elektronikbauteile und Kugellager. Das alles macht einen vertrauenswürdigen und guten Eindruck.
Ich muss zugeben, meine Motivation diese legendäre Bandmaschine revidieren zu lassen entsprang anfänglich eher einer allgemeinen Unlust ein gutes Gerät einfach zu entsorgen.
Dann kam eine Spur "Trotz" gegen den allgemeinen Digitalisierungswahn dazu. Auch die Lust an einer bewährten und inzwischen fast historischen Maschine zu hantieren spielte eine Rolle - vielleicht ähnlich dem Interesse an einer Dampfmaschine, an der sich wirklich etwas bewegt, wo es zischt und man das Sicherheitsventil bedienen kann ... ;-)
Aber - nach den ersten Stunden Betrieb und Hören bin ich nun rundherum hemmungslos begeistert, und das aus mehreren Gründen:
Hören:
Der Klang ist schlicht fantastisch. Im Betrieb mit der Bandgeschwindigkeit 19 cm/sec (2-Spur) konnte ich selbst mit Mühe und Hin- und Herschalten von Quelle zu Hinterbandkontrolle keinerlei Verschlechterung gegenüber der Quelle erkennen. Im Gegenteil - bei einer CD als digitale Quelle ergab sich - logisch oder nicht - tatsächlich das Gefühl einer Verbesserung! Es scheint bei dieser Art von "Analogisierung" mehr "Fleisch" am Sound zu entstehen, mehr Druck und ein abgerundeteres Gesamtbild. Kurios. Die Techniker erklären mir, dass u.a. die Kanaltrennung nicht so scharf wäre wie bei der digitalen Quelle. Vielleicht führen auch einfach "Sehen" und "Fühlen" zum veränderten Eindruck? Nun ja, man sagt ja auch die Gesamtheit sei immer mehr als die Summe seiner Teile.
Sehen:
Es ist ein köstliches Vergnügen, den drehenden mächtigen Metallspulen beim Abspielen der Lieblingsmusik zuzusehen. Es entfaltet sich eine konzentrierte und fast meditative Atmosphäre die das Musikerlebnis intensiviert. In der Dämmerung kommt wirkungsvoll das warme Licht der Betriebsleuchten - ein Hoch auf klassische Glühlämpchen - dazu. Einfach schön.
Fühlen:
Vielleicht war das Hantieren mit den großen Spulen, das manchmal fummelige Einlegen und Einfädeln des Tonbandes früher lästig? Nach dem dritten Glas Rotwein vieleicht sogar nervig? Ich weiß es nicht. Heute ist es auf jeden Fall ein echtes Ritual zum Abschalten vom Alltag und als Vorbereitung auf den kommenden Musikgenuss sehr willkommen. Und dann die Bedienelemente. Solide Knebel- und Drehschalter sowie satt und kraftvoll klackende Relaisschalter erinnern an den Wert der haptischen Wahrnehmung. Man erkennt schlagartig dass der Mensch wohl doch eher ein analoges Wesen ist ...
Nebenbei, Kinder sind fasziniert von der Show und der Magie, die sich im Betrieb so einer Bandmaschine entfaltet.
Kosten:
Lohnt es sich darüber zu reden? Die beschriebene A77 hat 1978 laut Originalquittung 1.448,- D-Mark gekostet. Sie macht nach der Revision nun den Eindruck als wäre sie fit für die nächsten 40 Jahre zuverlässigen Betriebes. ;-) Wie soll man das bewerten, wo digitale Gadgets heute i.d.R. nach spätestens 5 Jahren irreparabler elektronischer Sondermüll sind?
Die ganze Aktion sei jedenfalls zur Nachahmung empfohlen.
Herzlichen Dank an die HiFi-Zeile, weiter viel Erfolg bei der Rettung audiophiler Leckerbissen und
freundliche Grüße aus Bremen,
Helmut Zinter (MOXU communication)